Im Powerlifting wollen wir maximal Gewicht in der Kniebeuge, beim Bankdrücken und beim Kreuzheben für eine einzige Wiederholung (1RM) bewegen. Ein Schlüsselfaktor für eine starke Leistung ist die Rumpfstabilität. Eine wirksame Technik, um diese Stabilität zu erreichen, ist das Bracing (oder auch Valsalva-Manöver). Wir erklären dir heute, wie das Bracing funktioniert und wie du es lernen und in dein Training integrieren kannst.
Die Rumpfstabilität spielt eine wichtige Rolle bei der Kraftübertragung. Sie dient als Verbindung zwischen den unteren Extremitäten, die den Kontakt zum Boden halten, und dem Oberkörper, der die Hantel trägt. Shinkle et al. (2012) haben gezeigt, dass ein starker Rumpf die Fähigkeit von Sportler*innen, Kraft zu erzeugen und auf die Extremitäten zu übertragen, erheblich verbessert.
Die Rumpfmuskulatur funktioniert wie ein Zylinder, bei dem das Zusammenspiel der Muskeln Stabilität und Kraftübertragung unterstützt.
Die wichtigsten Akteure sind:
- Bauchmuskeln: Innere und äußere Obliques sowie der transversus abdominis.
- Rückenmuskeln: Multifidus, Paraspinale und Erector spinae.
- Thorakales Zwerchfell: dient als obere Begrenzung des „Kanisters“.
- Beckenbodenmuskeln: Levator ani (Iliococcygeus, Pubococcygeus, Puborectalis) bilden die untere Begrenzung.
Bracing und die Rolle des intraabdominalen Drucks (IAP)
Unter Bracing versteht man die willkürliche Kontraktion der Rumpfmuskulatur, wodurch ein fester Rumpf entsteht. Der beim Bracing erzeugte IAP ist aus mehreren Gründen wichtig:
- Erhöhte Stabilität: Ein erhöhter IAP erhöht die Stabilität der Wirbelsäule und verringert das Verletzungsrisiko (Essendrop et al., 2002).
- Kraftübertragung: Der Druck unterstützt die Muskelkraft bei Aktivitäten in der kinetischen Kette wie dem Heben schwerer Gewichte (Kawabata et al., 2010).
- Aktivierung der Rumpfmuskulatur: Der Druck aktiviert die Rumpfmuskulatur, insbesondere die inneren schrägen, effektiver als dynamische Rumpfbeuge- oder Streckbewegungen (Maeo et al., 2013).
Atemtechniken und praktische Anwendungen: Wie kann man effektiv bracen?
Für ein gutes Bracing sind gezielte Atemtechniken unerlässlich:
- Startposition: Richte den Brustkorb vor dem Einatmen über dem Becken aus.
- Atmen gegen Widerstand: Atme durch den Mund in den Bauchraum – nicht in den Brustkorb.
- Valsalva-Manöver: Halte den Atem während der Wiederholung an, um den IAP zu maximieren.
Spezifische Übungen können das Bracing und die Rumpfstabilität weiter verbessern:
- Oblique Opener: Fördert die seitliche Ausdehnung und Beweglichkeit des Bauches.
- Deadbugs: Stärkung der Rumpfstabilität bei dynamischer Bewegung der unteren Extremitäten.
- Pallof Press: Trainiert die Anti-Rotationskraft des Rumpfes.
- Side Bends: Stärkung der seitlichen Bauchmuskulatur.
Gürtel und Bracing
Ein Gürtel steigert die Leistung in erster Linie durch eine taktile Rückmeldung, die dazu anregt, den Rumpf effektiver gegen den Gürtel zu pressen. Die Verwendung eines Gürtels schwächt den Rumpf nicht.
Die Entscheidung, ob ein Gürtel verwendet werden soll, hängt von den individuellen Vorlieben, den Trainingszielen und dem Kontext des Lifts ab. Ein Gürtel kann ein wertvolles Hilfsmittel sein, um die Leistung beim Bewegen schwerer Lasten zu maximieren, da er sowohl physische als auch psychologische Vorteile bietet:
Für viele Athlet*innen fördert ein Gürtel das Selbstvertrauen und das Gefühl der Sicherheit unter schweren Lasten, was indirekt die Leistung steigert. Dieser mentale Vorteil kann in Situationen mit hohem Druck, wie z. B. bei Wettkämpfen, einen erheblichen Unterschied ausmachen.
Beherrsche das Bracing, bevor du einen Gürtel benutzt!
Der effektive Einsatz eines Gürtels erfordert zunächst die Beherrschung des Bracings. Phasen des Trainings ohne Gürtel sind entscheidend für die Entwicklung der richtigen Atemtechnik. Sobald diese Technik sitzt, kann ein Gürtel zur weiteren Leistungssteigerung eingesetzt werden.
Finde den richtigen Gürtel für deine Bedürfnisse!
Nicht alle Gürtel sind gleich, und ihre Eignung hängt oft vom Lift oder den individuellen Vorlieben ab. Einige Athlet*innen bevorzugen beim Kniebeugen einen steiferen Gürtel, während ein weicherer, flexiblerer Gürtel für das Kreuzheben von Vorteil sein kann, da er eine bessere Positionierung zu Beginn ermöglicht. Die Wahl eines Gürtels sollte unter Berücksichtigung der individuellen Biomechanik erfolgen. Dafür kannst du Gürtel mit unterschiedlichen Breiten oder Materialien ausprobieren. Es gibt 10mm, 13mm oder sogar 7,5mm Gürtel. Auch bei den Gürtelschnallen kannst du zwischen einer Klappschnalle oder einer mit Zinken wählen, je nachdem, was für dich praktikabler ist.
Letztendlich ist ein Hebegürtel ein Hilfsmittel, das ein solides Bracing ergänzt und nicht ersetzt.
Richtige Atmung, eine beständige Technik und der strategische Einsatz eines Gürtels können ein neues Kraftniveau erschließen.
Von der Theorie zur Praxis: Integration von Bracing in Trainingspläne
Ein effektiver Trainingsplan für den Rumpf kombiniert stabilisierende und dynamische Übungen, die auf die Anforderungen des Powerliftings zugeschnitten sind. Tempovariationen bei Kniebeugen und Kreuzheben sowie Übungen wie Side Bends und Pallof Presses können helfen, die Technik unter Belastung zu verbessern.
Mit der Zeit steigert ein starker, stabiler Rumpf deine Leistung.
Fazit
Bracing ist mehr als nur ein technisches Detail – es bildet die Grundlage für Stabilität, Sicherheit und Spitzenleistung beim Powerlifting. Mit einer bewussten Kombination aus Atemtechniken, gezielten Übungen und konsequentem Training kannst auch du dein volles Potenzial ausschöpfen.